Babys schlafen anders, Simone Hauer

Simone Hauer von HerzBauchGefühl, Expertin für bedürfnis- und bindungsorientiertes Schlafen, berichtet

Der Schlaf von Babys ist eines der Hauptthemen, die frischgebackene Eltern in den ersten Lebensmonaten beschäftigen. Schlaf ist ebenso essenziell wie Atmen – ohne ihn geht nichts. Doch wie können wir den Schlaf unserer Kleinsten am besten unterstützen, damit die ganze Familie ausreichend Ruhe findet? Diese Frage beschäftigt viele Eltern, und obwohl es keine Zauberformel gibt, kann ein Verständnis für die natürlichen Schlafbedürfnisse von Babys viel bewirken.

In früheren Epochen, als die Menschen noch als Jäger und Sammler in Gruppen gelebt haben, war es essenziell wichtig, dass Babys Tag und Nacht beschützt und von einem Erwachsenen umgeben waren. Ansonsten wäre das Baby von wilden Tieren gefressen worden, nachts bei frostigen Temperaturen unterkühlt gewesen oder gar beim Weiterziehen des Clans vergessen worden.

Schön und gut – aber was hat das jetzt mit der heutigen Zeit und dem Babyschlaf zu tun? Trotz der Tatsache, dass wir den Lebensstil der Jäger und Sammler vor ein paar Tausend Jahren hinter uns gelassen haben und Babys heutzutage in einem sicheren Umfeld mit Babyphone, Feuermelder und Co. schlafen, wirken die alten Instinkte weiter. Kleine Kinder nehmen zunächst einmal weiterhin an, dass draußen Säbelzahntiger ums Lager streifen oder morgens der Frost Einzug hält.

Heißt das jetzt, dass wir wieder wie in der Steinzeit leben müssen? Nein, das heißt es nicht… aber es hilft uns zu verstehen, warum unsere Babys Sicherheitschecks machen, einen leichten Schlaf pflegen und das Bedürfnis nach Nähe, Geborgenheit und Sicherheit stark mit dem Schlafverhalten korreliert.

Viele Eltern machen sich Gedanken, warum ihr Baby nicht alleine einschlafen kann. Das ist jedoch ein vollkommen normales Verhalten von Babys und Kleinkindern. Schlafen bedeutet loslassen und ist eine Trennung ins Ungewisse. Bei Müdigkeit und Dunkelheit wird das Bindungsbedürfnis aktiv. Umso wichtiger ist es, in dieser sensiblen Phase da zu sein und das Baby entspannt in den Schlaf zu begleiten.

Auch das Einschlafen ist von Baby zu Baby unterschiedlich.

Wie bereits erwähnt, war es für Babys Jahrtausende lang eine gefährliche Angelegenheit alleine zu schlafen. Das „nachts alleine schlafen“ ist eine Erfindung der Neuzeit und nicht immer artgerecht. Die wissenschaftliche Empfehlung lautet sogar, dass Kinder mindestens im ersten Lebensjahr im Zimmer der Eltern schlafen sollten. Das Risiko für den plötzlichen Kindstod wird dadurch reduziert. Unter Beachtung einiger Sicherheitshinweise, schläft das Baby auch sicher im Familienbett. Hierzu gibt es sogar Studien, die belegen, dass Familienbettkinder früher selbstständig und sozial unabhängiger sind. Auch eine gewisse Regelmäßigkeit trägt hierzu bei.

Oftmals wird empfohlen, dem Baby sobald als möglich einen Rhythmus „anzutrainieren“. Das Baby soll täglich zur gleichen Zeit ins Bett gelegt werden – das gibt Sicherheit und einen guten Rahmen. Zu bedenken ist hier aber, das eine grundlegende Voraussetzung zum Schlafen die Müdigkeit ist. Und diese stellt sich bei den Babys nicht immer zur gleichen Uhrzeit ein. Jeder Tag ist anders und jedes Kind ist individuell – deshalb empfehleich, auf die Müdigkeitsanzeichen zu achten und keine Diktatur der Uhr zu schaffen. Immerhin, können auch Erwachsene nicht so einfach einschlafen, wenn keine Müdigkeit vorhanden ist.

Bei Schlafthematiken macht es immer Sinn, sich bei guten Quellen zu informieren oder sich Hilfe zu holen. Ich empfehle bereits werdenden Eltern, sich mit dem Thema Schlaf zu beschäftigen. In dieser Zeit hat man oft noch mehr Kapazitäten und mit einem guten Basis-Wissen über den kindlichen Schlaf, geht man viel entspannter an dieses Thema heran. Sollten trotzdem Schlafherausforderungen auftreten, empfehle ich eine 1:1 Beratung mit einer Schlafberaterin, die bedürfnis- und bindungsorientiert arbeitet. Über den Verein für ganzheitlichen Kinderschlaf gibt es Österreichweit schon viele zertifizierte Schlafberaterinnen, die auch Online-Beratungen anbieten.

Zusammengefasst ist der Schlaf von Babys ein komplexes Thema, das von vielen individuellen und evolutionären Faktoren beeinflusst wird. Indem wir die natürlichen Schlafbedürfnisse unserer Babys verstehen und respektieren, können wir ihnen helfen, besser zu schlafen – und damit auch der ganzen Familie zu mehr Ruhe und Erholung verhelfen.