Von Julia Kroß, Erzieherin und zertifizierte Beraterin für ganzheitlichen Baby und Kinderschlaf
Neulich scrollte ich durch die sozialen Medien. Es war wieder ein Tag, an dem ich einen Beitrag vorgeschlagen bekam, der meine Aufmerksamkeit auf sich zog.
Es ging um Werbung für eine Schlafberatung. Und es wurde damit geworben, dass das Kind danach eigenständig einschlafen könne.
Warum dieses Versprechen nicht bedürfnisorientiert ist und nicht der natürlichen Entwicklung von Neugeborenen, Säuglingen oder Kleinkindern entspricht.
Wichtig ist mir hier an dieser Stelle, das Wort „eigenständig“ zu verstehen. Es ist ein Synonym für das Wort „selbständig“. Es bedeutet unabhängig von fremder Hilfe (o.Ä.).
Fakt ist, Neugeborene, Säuglinge und Kleinkinder können nicht unabhängig von fremder Hilfe, ohne eine Bindungsperson ein- und/oder weiterschlafen. Dies widerspricht ihren physischen und psychischen Grundbedürfnissen.
Fakt ist aber auch, dass Kinder mit angeborenen Fähigkeiten der Selbstregulation auf die Welt kommen. Zum Beispiel das am Daumen lutschen. Dies allein reicht allerdings nicht aus, ihre
Gefühlswelt allein und unabhängig von Bindungspersonen zu regulieren und den Übergang z.B. in den Schlaf zu finden.
Dies ist ein Lernprozess. Dafür bedarf es vor allem der nötigen Gehirnreife. Dies lässt sich nicht durch ein bestimmtes Verhalten von Erwachsenen beschleunigen.
Kinder in den ersten Lebensjahren fühlen und denken so wunderbar in ihren Bedürfnissen. Bringen wir Säuglinge (Kleinkinder etc.) also dazu, eigenständig einzuschlafen, ist dies kein Erfolg. Wir
haben ihnen lediglich ihre natürlichen Bedürfnisse abtrainiert und dafür gesorgt, dass sie verstummen. Sie teilen uns ihre Bedürfnisse nicht mehr mit und schlafen unter Erschöpfung, Stress und
emotionalem Mangel ein.
Wir können sie allerdings als verlässliche Bindungs- und Bezugsperson in ihrer Entwicklung begleiten und co-regulieren.
Kinder verfügen noch über kein differenziertes Gefühlssystem wie wir Erwachsenen. Bedürfnisse wie zum Beispiel Schlaf äußern sich bei einem Säugling als Unbehagen. Sie können ihre Empfindungen
nicht zuordnen oder gar benennen. So komplexe Gedankengänge sind ihnen noch nicht möglich.
Somit liegt es an uns als Bindungsperson, durch Beobachtung wahrzunehmen, welches Bedürfnis gerade im Mangel ist und Brücken zu schaffen, das Kind zu co-regulieren und einen Übergang in den
Schlaf zu ermöglichen.
Wir vermitteln dem Kind Sicherheit. Wir wiegen und tragen es, machen Geräusche zur Beruhigung, bieten Körperkontakt und Umhüllung. Wir halten es. Lassen unsere Kinder Geborgenheit spüren.
Unsere Entspannung ist ihre Entspannung. Kind und Bindungsperson sind ein Team.
Durch diese Erfahrungen lernen Kinder mit der Zeit eine selbstgesteuerte Regulation.
Kommentar schreiben